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Hochplateaus, tiefe Täler und einsame Weiten, nur begrenzt durch die schneebedeckten Anden, zeichnen die „Straße der tausend Meilen“ in Patagonien aus, deren Scharm vor allem Motorrad- und Fahrradfahrer sowie Allradliebhaber erliegen.
Da der weitere Verlauf der Panamericana entlang der Westküste Chiles südlich von Puerto Montt (Chile) bis nach Ushuaia (Argentinien) durch undurchdringliche Wälder und tiefe Fjorde gehindert wird, bleibt derzeit nur die Ausweichstrecke über die argentinische Seite, eben auf dem scharfkantigen Schotter der Ruta 40. Zwar sind Teile der Straße geteert, aber entweder bereits so stark verwittert oder geflickt, dass man sich nach kurzer Zeit wieder die Schotterpiste herbeisehnt. Nebenstrecken, die meist zu verstreuten und weit entfernten, von hohen windschützenden Pappeln umgebenen Estancias führen, sind noch schlechter zu befahren.
Denkbar ungünstig für diese Fahrt war unser gemieteter Toyota Yaris 1.5 mit Reifen gänzlich ohne Profil und ausgestattet nur mit einem kleinen Notrad. Aber das Glück ließ uns nicht im Stich und so erreichten wir auf dem Metallmantel der Reifen sogar noch das argentinische Seengebiet.
Der permanent in Sturmstärke wehende Wind macht besonders den häufig anzutreffenden Zweiradfahrern zu schaffen. Die hier lebenden Guanaco-Herden (ein Neuwelt-Kamel), Nandus (südamerikanische Straußenart) oder die scheuen Gürteltiere und Wildhasen haben sich offenbar daran gewöhnt. Doch stoppt der Wind, ist es unwirklich still und man dann glaubt sich in dieser Einsamkeit selbst finden zu können.
Den Kilometerangaben sollte man nicht immer Glauben schenken Abweichungen von bis zu 50 km sind keine Seltenheit, aber trotz sehr spartanisch vorkommender Tankstellen sollte das kein Problem sein.
Langeweile kommt auch zu keiner Zeit auf, dafür hat die Natur gesorgt. Niedriges Buschwerk der unendlichen Ebenen weicht dann den schönsten Nationalparks dieser Region, z. B. dem Perito-Moreno-Gletscher (nahe El Calafate ) oder den markanten Eisspitzen des Fitz-Roy-Massivs (nahe El Chalten ) oder türkis schimmernde Gletscherseen begrenzt durch die Bergwelt der Anden.
Manchmal laden tiefe Schluchten zum Wandern ein, Höhlen wollen „erforscht“ und Zeichen uralter Vergangenheit entdeckt werden. Die im Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommene Cuevas de las Manos (Höhle der Hände) 163 km südlich vom Ort Perito Moreno sind ein Paradebeispiel dafür.
Dennoch unser eigenes Resümee über den Mythos der abenteuerlichen Straße durch Patagonien ist nüchtern. Zwar ist sie für einen gewöhnlichen Pkw durchaus befahrbar, aber dem Fahrzeug tut man auf keinen Fall einen Gefallen. Ein Fahrzeug mit hoher Bodenfreiheit ist aber sehr zu empfehlen, will man nicht ständig mit dem eigenen Unterboden Schneepflug spielen; Allradantrieb braucht man jedoch nicht.
Noch ein Hinweis:
Mit jedem Kilometer von Süd nach Nord verteuert sich der Benzinpreis deutlich, so dass man zwischen Ushuaia im Süden und Salta im Norden den doppelten Preis pro Liter zahlen muss.
Verpassen sollte man diese Strecke keinesfalls, denn entlang ihres Verlaufs gibt es unzählig wunderschöne Naturwunder zu sehen, wie auch unsere Fotos zeigen.
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Ruta Nacional 40, Argentinien
Persönlicher Eindruck:
Was haben wir nicht alles für Geschichten von der berühmt-berüchtigtsten Straße Argentiniens gehört. Schrecklich zu fahren sei sie und praktisch unmöglich mit einem normalen Pkw zu passieren.
Darauf wollten wir einfach nicht hören, schließlich sind wir meinem 30 Jahre alten Benz durch Afrika gefahren ohne Reifenprofil. Und was wir daraus gelernt haben es gibt immer ein Durchkommen, notfalls eben neben der Straße.
Woran wir aber auf unserer Tour entlang der Ruta Nacional 40 überhaupt nicht gedacht hatten, waren zwei ausreichend gute Ersatzreifen. Stattdessen hatten wir ein kleines Notrad mitgeführt und vier völlig abgefahrene Autoreifen (weniger als 1 mm Profil).
Den Wind, für den Patagonien so berüchtigt ist, haben wir kaum gespürt. Zwar erlebten wir in Südargentinien keinen windstillen Augenblick, aber so dramatisch war eigentlich nicht. Jedoch soll es auch andere Tage geben. Argentinien ist sehr beliebt bei Zweiradfahrzeugen; vielleicht rühren diese Aussagen von denen, für die eine Fahrt dann natürlich ungleich schwerer ist.
Uns machten die spitzen Steine mehr zu schaffen. Aus Afrika sind wir doch eher sandigen Untergrund gewöhnt und so hatten wir schon Bedenken hinsichtlich unserer Reifen. Auch noch so gute Reifen werden auf der Strecke auf eine harte Bewährungsprobe gestellt und zeigen am Ende erhebliche Verschleißerscheinungen.
Wie gesagt an Ersatzreifen hat Enrico zumindest nicht einmal gedacht, sonst wären wir die Strecke viel verunsicherter entlang gefahren. Sandra wusste zwar von dem kleinen Notrad, verschwieg es aber bewusst gegenüber Enrico. Das war bestimmt auch gut so.
Da Enrico die meiste Zeit fuhr, machte er sich darüber auch keine Gedanken. Ihn störte mehr, dass sich zwei deutliche Fahrrinnen herausgebildet hatten. Dadurch sind viele Steine zwischen den zwei Reifenspuren angehäuft worden. Und genau damit spielten wir Schneepflug. Entweder schoben wir mit der Stoßstange oder mit der Vorderachse diese Spur wieder etwas ebener. Manchmal erhielt auch das Auspuff-Endrohr einen gewaltigen Schlag, doch ein Blick in den Rückspiegel versicherte uns, dass der Auspuff noch immer dran geblieben war.
Über viele Hunderte Kilometer führte uns so der Weg gen Norden; tagelang. Am Abend fielen wir dann erschöpft ins Zelt bzw. gönnten wir uns am Ende der RN 40 ein Hotel in Perito Moreno, um uns dort kurzzeitig von den Strapazen zu erholen.
Den Kauf dieses Mietwagens würde ich aber niemanden mehr nahe legen. ;-)
Die Landschaft unterwegs ist extrem einsam (einsamer noch als Namibia) und wechselt ihr Aussehen kaum. Dennoch ist diese „Straße“ eine Reise wert, allerdings wenn ihr dahin aufbrecht, denkt vielleicht doch lieber an zwei ordentliche Ersatzreifen!
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